Ausgangslage
In vielen Bündner Tourismusdestinationen ist Wohnraum für Einheimische knapp und kaum mehr erschwinglich. Die Gründe für die Wohnraumknappheit sind vielfältig; die Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative, die Umsetzung des Raumplanungsgesetzes, die Tiefzinspolitik, die ungebrochen starke Nachfrage nach Wohnraum und günstige Finanzierungsmöglichkeiten.
Viele Einheimische oder Erwerbstätige mit und ohne Familien finden heute an ihrem Wohn- oder Arbeitsort Sils keine passende oder bezahlbare Wohnung und müssen talabwärts ziehen. Ähnlich geht es jungen Familien oder jungen Erwachsenen, die in Sils bleiben oder nach Sils zurückkehren wollen. Auch Arbeitgeber beklagen sich über den Wegzug von Mitarbeitern und wegen dem knappen Angebot an bezahlbaren Wohnungen über Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Fach- und Arbeitskräften.
Von einem bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnungsangebot würde aber nicht nur die ortsansässige Bevölkerung, sondern auch der Tourismus und mit ihm das lokale Gewerbe und die gesamte Gemeinde profitieren. Eine gut durchmischte Bevölkerungsstruktur und umsichtige Wohnraumplanung ist zudem für die Attraktivität und Zukunft einer prosperierenden und intakten Gemeinde entscheidend.
Einfache Rezepte gegen die Erstwohnungsknappheit gibt es keine. Lösungsansätze, um mehr Wohnraum zu tragbaren Preisen für Einheimische zu schaffen, wären verschiedene denkbar. Ein Ansatz ist die Förderung und Unterstützung von privaten oder gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften durch die Gemeinden; indem sie Bauland zu fairen Baurechtzinsen zur Verfügung stellen oder A-fonds-perdu Beiträge zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus sprechen. Dank Kostenmiete und dem Verzicht auf Gewinnstreben können gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften schliesslich geeignete Wohnliegenschaften bauen und der ortsansässigen Bevölkerung zu tragbaren Preisen vermieten.
Der Gemeindevorstand hat daher im letzten Jahr entschieden, als Sofortmassnahme gegen die Erstwohnungsknappheit neben dem Erlass einer Planungszone den gemeinnützigen Wohnungsbau zu fördern und einer gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft zwei gemeindeeigene Parzellen im Quartier Seglias für den Bau von preisgünstigem Wohnraum im Baurecht zu überlassen.
Dieser Entscheid war die Initialzündung für eine Gruppe von Ein- und Zweitheimischen, die gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft Cooperativa Lagrev zu gründen und eine Projektstudie für die Überbauung der zwei Gemeindeparzellen mit kostengünstigen Wohnungen im Quartier Seglias am 30. September 2022 bei der Gemeinde einzureichen.
Die Silser Stimmberechtigten sprachen sich an der Gemeindeversammlung vom 1. Dezember 2022 dafür aus, dass das geplante Projekt der Cooperativa Lagrev umgesetzt werden soll und gaben grünes Licht für den Abschluss des Baurechtsvertrags.
Die Cooperativa Lagrev nimmt die Herausforderung an und steht in den Startlöchern mit der Entwurfsplanung für die Wohnbauten.
Der Projektentwurf sieht auf den beiden Parzellen zwei miteinander und über ein gemeinsames Treppenhaus verbundene Baukörper mit 18 bis 20 Wohnungen von unterschiedlicher Grösse vor. Die unterschiedlichen Wohnungsgrundrisse sollen eine grösstmögliche Nutzungsflexibilität ermöglichen oder im Lebenszyklus grösstmögliche Flexibilität sicherstellen. Das Gebäudevolumen nutzt die gesetzlich zulässigen baulichen Möglichkeiten des Gestaltungsplans aus und stellt dabei gleichzeitig eine hohe Wohnqualität sicher. Die Wohnbauten sollen höchsten ökologischen, ökonomischen und sozialen Ansprüchen genügen.